Das gute Leben in den Veedeln, Kalk, Tag des guten Lebens
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Köln feiert das Gute Leben

Über zwei Jahre lang haben wir mit Euch im Projekt „Das Gute Leben in den Veedeln“ erkundet, was das Gute Leben vor Ort auszeichnet. Etwa 200 Besucher:innen, die am Samstag, 10.06.2023 über den Ottmar-Pohl-Platz in Kalk flanierten, konnten die Ergebnisse in geballter Kraft erfahren.

Beim Festival des Guten Lebens kam das von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW und der Stadt Köln geförderte Projekt zum Abschluss. An verschiedenen Ständen, in Talkrunden, Workshops und Aktionen wie Urban Minigolf feierten wir gemeinsam und in Kooperation mit dem In-Haus e. V. die Schritte, die wir seit Projektbeginn 2021 in Richtung einer klimafreundlichen, menschengerechten und solidarischen Stadtentwicklung gegangen sind.

Freiräume für Wandel

30 Grad Hitze auf dem betonierten Platz vor den Hallen Kalk machten augenscheinlich, dass Wandel in der Stadt mit zunehmenden Extremwetterereignissen unausweichlich ist. Erst mit dem Engagement der Bürger:innen wurde diese Betonwüste zu einem Ort des Guten Lebens. Kinder hüpften in das kalte Nass eines Planschbeckens, während die Erwachsenen unter Bäumen und Pavillons Livemusik lauschten oder sich in der Hängematte, auf dem Sofa oder der sommerlichen Bierbank bei selbstgemachtem Essen und kühlen Getränken unterhielten.

Um diesen Wandel voranzutreiben, braucht es Freiräume. Diese seien Inkubatoren für Impulse von unten, wie aus der Talkrunde #rundestunde zum Thema Zukunftsstadt  hervorging. Das Thema hatten wir von unserem Digitalen Dialog im November letzten Jahres fortgeführt und hier mit  dem Umweltdezernenten der Stadt Köln William Wolfgramm diskutiert. Mit dabei waren außerdem Konstantin Johannes Hehl vom Verein tunstadtmachen und dem Kulturhof Kalk, Harald Schuster von der Radkomm und Dirk Habermann, Mitglied der Bezirksvertretung Kalk.* Einen solchen Freiraum hat zum Beispiel die Nachbarschaftsgruppe in der Genovevastraße geschaffen, die sich regelmäßig an den im Projekt „Das Gute Leben in den Veedeln“ entstandenen Baumscheiben trifft und Aktionen in der Straße plant. Daraus hervor ging unter anderem eine Freiraumdemo im Sommer 2022. 

Dabei reicht es oft schon, den Menschen einen Rahmen zu bieten, wie tunstadtmachen gemeinsam mit dem Kulturhof Kalk e.V.zeigte. Mit einem selbstgebauten mobilen Pizzaofen und passenden Tischen und Bänken boten sie beim selbstständigen Belegen von Pizzaböden Möglichkeit, mit den Nachbar:innen ins Gespräch zu kommen. 

Inspirationen für das Gute Leben

Impulse gab es auf Führungen über die Pflanzstelle und den Kalkgarten, über die am Mitbringbuffet unter den schattenspendenden Bäumen gesprochen werden konnte. Auch von Aktionen einiger Institutionen wie dem Makermobil der Stadtbibliothek Köln, bei dem junge Menschen sich im Dosenwerfen üben und mit dem Veedelsmemory ihr Wissen über Kalk und Humboldt-Gremberg testen konnten, dem Demokratierad der Kölner Freiwilligenagentur und der Beratung zur Kita-Anmeldung Little Bird des Familienbüros konnten Besucher:innen sich inspirieren lassen, bei Aktionen wie einem Graffiti-Workshop der Kölner Demokratiewerkstatt oder dem Kosmetik-DIY-Workshop des Vereins Zero Waste Köln kreativ werden. Wünsche fürs Veedel fanden auf dem Roten Sofa, ebenfalls von der Demokratiewerkstatt, Platz.

In einer Rede von Martin Herrndorf moderierten Gesprächsrunde blickten diverse Akteur:innen aus dem Projekt zurück auf Ihre Highlights aus dem „Guten Leben in den Veedeln“. Mit dabei waren Gabi Linde, die die nachbarschaftlichen Pilotprojekte in den Veedeln betreute, Sibylle Fraquelli von der Superblock-Initiative Winzerveedel, die sich erst im Laufe des Projekts gegründet hat, Lisa Khan vom Integrationshaus, Rejane Radschinski, die GLIDV-Veedelsbotschafterin für Kalk und Charlotte Grieser, die Stimme hinter den Podcasts zum Projekt.Den Talk eröffnete Frank Griesel von der Stiftung Umwelt und Entwicklung, der Fördermittelgeberin des Projekts, mit einem Grußwort, in dem er die Notwendigkeit und Beispielhaftigkeit solcher Projekte mit nachbarschaftlich-transformativen Charakter hervorhob.

Freude an Mobilität (wieder-)finden

Auf Dreirädern in verschiedensten Formen und dem Pop-up Skatepark der Abenteuerhallen Kalk demonstrierten die Kinderzwischen Livemusik von Stevie Honda, Mobius Caravan und Blauwer Vogel, dass Mobilität Spaß machen kann. Auch die Älteren (und auch die Kids ;)) erfreuten sich an einer Fahrt mit der Rikscha von Radeln ohne Alter oder auf den E-Bikes der Kidical Mass. Außerdem konnten Interessierte mit dem Rollstuhl des Paula-Dürre-Hauses nachempfinden, wie sich Menschen mit Handicap zurechtfinden und wie sie mobil sind. Menschen, deren Drahtesel leider keine Glücksgefühle mehr auslösen können, stand der Velonia e.V. mit einem Repair-Workshop zur Seite. In einem Superblock-Block konnten Besucher:innen sich in Vorher-Nachher-Bildern Orte anschauen, die durch eine neue Verkehrsführung an Lebensqualität gewonnen haben. Nach dem spanischen Vorbild der Superblocks hat unter anderem die Interessengemeinschaft Winzerveedel mit Unterstützung der Agora vor, einen autofreien Block in ihrem Veedel zu installieren. So könnten zwischen dem Barbarossaplatz und Volksgarten bald neue Freiräume für nachbarschaftliche Begegnungen, für Kunst und Kultur, Musik und Bewegung, für gutes Essen und ein kleines Stück Natur, für Inspiration und Lebensfreude entstehen, wie wir es bereits auf dem Festival des Guten Lebens erlebt haben.

Weniger reden, mehr machen

Treu der Devise „einfach machen“ wurde nicht nur gedacht, sondern auch getan: Veedelsbotschafterin Rejane Radschinski bot in einem Workshop die Gelegenheit, eine Tiny Library zu bauen – also einen Bücherschrank im öffentlichen Raum, nur eben im Kleinformat. Anleitung für solche oder andere kleine und große Aktionen gibt es im Agora Köln Werkzeugkoffer, der ebenfalls in diesem Projekt entstanden ist.

Etwas traurig waren wir darüber, dass unsere geplante und vielfach gewünschte Gesprächsrunde zur Jugendbeteiligung ausfallen musste. Kurzfristig sagten uns noch die letzten Talkgäste ab. Es war auch im Vorfeld schwierig junge Menschen und Menschen aus der Verwaltung zur Teilnahme zu motivieren, wenn auch alle die Notwendigkeit des Austauschs unterstrichen. Letztlich scheint gerade bei jungen Menschen die sehr produktive Einstellung „weniger reden, mehr machen“ handlungsleitend zu sein. Das merken wir uns für weitere Formate zu dem wichtigen Thema.

Wer noch nicht genug hat vom Guten Leben kann sich im Spätsommer die nächste Brise Zukunft auf dem Tag des Guten Lebens in Nippes abholen. Und ein kleiner Spoiler zum Schluss: Wir freuen uns besonders, dass der Tag des Guten Lebens 2024 nach Kalk kommt!

Wir bedanken uns bei allen Helfer:innen, Initiativen und Kooperationspartner:innen für die Unterstützung in den vergangenen zwei Jahren und den schönen Abschluss, der uns nostalgisch auf diese Zeit zurückblicken lässt.

Bis bald!

Ein großer Dank geht nicht zuletzt an alle weiteren Engagierten, die unser Festival bereichert haben:

  • Lars Göllnitz mit seiner Life-Talkshow #rundestunde
  • Wachsenring & Stadt Jemös e.V.
  • Jonas Linnemann mit dem Kalk Alphabet
  • Nachbarschaftsinitiative Klettenplätzchen 
  • Nachbarschaftsgruppe Genovevastraße
  • IG Winzerveedel
  • Mehr Grün in Kalk
  • Paula-Dürre-Haus und Radeln ohne Alter e.V.
  • Wir im Nordquartier e.V. für die leckeren Waffeln und die Infos über ihr Projekt in Mülheim
  • Kölner Jugendring für die riesigen, gemütlichen Sitzkissen und Liegestühle
  • RheinEnergie für die Spende der gut frequentierten Mehrwegbecher an der Wasserquelle
  • Zero Waste Köln
  • Veedelsbotschafter und -koordinatorinnen Sabine Stadtländer und Rejane Radschinski
  • Demokratiewerkstatt Kalk der Willi-Eichler-Akademie
  • Abenteuerhallen Kalk & tunstadtmachen
  • Kidical Mass
  • Demokratierad des Kooperativen Büros für Öffentlichkeitsbeteiligung
  • Familienbüro der Stadt Köln
  • Last but not least: dem GESAMTEN Team des Integrationshaus, die uns organisatorisch unterstützt haben und mit einem tollen Büffet einen großen kulinarischen Beitrag geleistet haben,

*Das letztendliche Panel entsprach nicht dem Anspruch der Agora, divers und inklusiv zu sein. Wir wollen auch vor allem öffentlich wenig vertretenen Gruppen zu Wort kommen lassen. 

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