2 Kommentare

  1. Mario Krebs sagt

    Lieber Herr Brocchi,

    als Bewohner von Sülz bin ich erstaunt über das, was Sie in Ihrem Interview mit dem KStA am 19.3. zu berichten wissen. Ich wohne jetzt 25 Jahre hier und kann nicht nachvollziehen, wie Sie zu der Behauptung kommen, dass es zu viel Beton, zu wenig Grün gäbe oder dass gar der öffentliche Raum privatisiert werde. Was meinen Sie damit? Denken Sie bei „Beton“ an die hunderten von Wohnungen, die auf dem Jahrzehnte brachliegenden Gelände der ehmaligen Brotfabrik zwischen Luxemburgerstr. und Wichterichstr. gebaut wurden oder an die neuen Wohnungen auf dem ehemaligen Gelände des nicht mehr genutzten Kinderheimes am Beethovenpark? Hätte man lieber darauf verzichten sollen, die Wohnungsnot in Köln ein wenig zu lindern? Und: Wo wurden in Sülz Grünflächen beseitigt? Sagen Sie’s mir?! Ich bin neugierig. Vielleicht finde ich ja die geheimnisvolle Stellen, von denen Sie so überzeugt verkünden, dass wir hier in Sülz darunter litten? Wo wurde öffentlicher Raum privatisiert? Sollte mir da etwas entgangen sein?
    Ach ja, und dann die „Gentrifizierung“. Schönes Wort. Kommt immer gut, wenn man’s in den Mund nimmt. Wo soll sich das hier vollzogen haben? In den Straßen um die Siebengebirgsallee? Die waren schon vor über dreißig Jahren oberste Preiskategorie. Das hat sich seitdem nicht geändert. Können Sie nicht wissen. Da gingen Sie noch zur Schule. Sicher nicht in Sülz. Oder hat sich die Gentririfizierung etwa der vielen kleinen Straßen des alten Handwerker- und Kleinbetriebe-Gebiets zwischen Berrenrather und Zülpicher Straße bemächtigt? Vermutlich bin ich blind. Machen Sie mit mir einen Stadtbummel? Zeigen Sie’s mir. Dann zeigen ich Ihnen die vielen Bäckerein, Eckkneipen oder Eiscafés, die noch immer fröhlich bevölkert werden von Sülzer Bürgern, die Klempner, Müllwerker oder verrentete Fordler sind. Seit Jahren dieselben Gesichter, wenn ich vorbei gehe und Hallo sage. Oder meinen Sie die neuen Bewohner am Beethovenpark. Ich vermute mal, auch diese Gegend kennen sie nur vom Hörensagen, wenn überhaupt. Sonst wäre Ihnen bei einem Rundgang aufgefallen, dass 80 Prozent des PKW-Bestandes, der dort so parkt, untere Mittelklasse ist und überwiegend aus Gebrauchtwagen besteht. Gentrifizierung? Vielleicht sind das ja die Dritt- oder Viertwagen, die wir da sehen. Klar! Alles Tarnung. Die fetten Maseratis stehen in der Tiefgarage.
    Tut mir leid, Herr Brocchi: Alles, was Sie an angeblichen Fakten vorbringen, auf die Sie dann Ihre Ausführungen aufbauen, stimmt nicht. Sie sehen die Welt wie Sie sie sehen wollen, nicht wie sie ist. Solche Leute nennt man: Ideologen.
    Womit wir beim famosen 21. September sind. Zu diesem Aktionstag nehmen Sie ja ebenfalls große Worte in den Mund wie Gemeinwesen, Lebensqualität oder Nachhaltigkeit. Leider hat auch das nicht mit der Realität zu tun, die wir dank Ihrer Aktion an diesem Tag vorfinden werden oder, besser gesagt; ertragen müssen. In den Straßen, die Sie leerfegen wollen, stehen schätzungsweise 650-700 PKW. Die müssen alle wegbewegt werden. Wissen Sie, wie ruhig es hier am Samstagabend und am Sonntag in unseren Straßen ist? Sehr ruhig. Niemand ist unterwegs. Mit dieser Ruhe ist es vorbei an besagten Wochenende, wenn alle ihre Wagen wegschaffen. Wir sollen, so Ihr famoser Plan, für Ruhe durch Lärm sorgen, für mehr Lebensqualität durch mehr Abgase. Wenn Sie mal ein bißchen nachdenken, Herr Brocchi, sollte Ihnen auffallen, wie widersinnig das ist, was Sie da veranstalten wollen. Zumal es sich so verhält, dass ungefähr 70 % der PKW, die hier in den Straßen parken, alle paar Wochen mal bewegt werden. Für Ausflüge oder den Urlaub. Zur Arbeit fahren die meisten nämlich mit der Bahn oder mit dem Fahrrad. Können Sie mir glauben. Ich lebe hier. Und diese netten eigentlich auto-losen Nachbarn werden jetzt alle von ihnen aufgescheucht, ihre Autos fortzubewegen, damit wir lernen, dass es auch ohne Autos geht. Merken Sie jetzt, welche Tollerei Sie da veranstalten wollen.

    Mit Grüßen aus Sülz
    Mario Krebs

  2. Thomas Schmeckpeper sagt

    Hallo Herr Krebs,

    Die Sperrung der Straßen sowie die partiellen Halteverbotszonen sind natürlich Mittel zum Zweck. Letzteres hängt von zwei Bedingungen ab. 1) ob Anwohner den freigewordenen Parkraum nutzen möchten, 2) ob im Gegenzug eine ausreichende Anzahl an alternativen Parkmöglichkeiten zur Verfügung steht. Also: nicht mehr Halteverbotszonen als von den Nachbarn für ihre Aktionen gewünscht und gebraucht. Denn: für Aktionen, z.B. Essenstafeln, dürfen Anwohner nur die freigewordene Parkfläche nutzen. Dies ist Bedingung der städtischen Verwaltung mit Blick auf freizuhaltende Fluchtwege.

    „Leerfegen“ und „Aufscheuchen“ trifft‘s hier vielleicht nicht so ganz. Die Halteverbotszone und der damit verbundene Freiraum ist erstmal als Angebot zu verstehen. Und „Tollerei“ tut ein wenig im Herzchen weh. Es arbeiten zahlreiche motivierte Teams aus den Nachbarschaften an der Gestaltung des Tages. Geben Sie der Sache eine Chance!

    Herzliche Grüße von der Berrenrather
    Thomas Schmeckpeper AK Logistik

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