Freiraum

Das Schwerpunktthema der Agora Köln in 2014 ist „Freiraum / Gemeinschaftsraum“.

Was ist Freiraum?

Stadtluft macht frei? Während im Mittelalter das Stadtrecht den Bürger frei stellte, werden heute mit urbaner Freiheit die vielfältigen sozialen und politischen Netzwerke, kulturelle Aktivitäten und ökonomischen Möglichkeiten in Verbindung gebracht.

Doch was bedeutet Freiraum?

Urbane Freiräume, auch als Gemeinschaftsräume verstanden, sind Begegnungsräume ganz unterschiedlicher Art, wie z.B. soziale Zentren, unkommerzielle und selbstorganisierte Veranstaltungsorte, öffentliche Plätze und Parks oder gemeinschaftlich genutzte Gärten. Sie sind zentral für das urbane Zusammenleben, für die soziale Organisation und den kulturellen Austausch.
Jede Stadt und jeder Stadtteil hat dabei eigene Problemlagen und bereits bestehende Lösungsansätze. Wichtige Themen in den Diskursen zum Thema Freiraum sind z.B. die zunehmende Kommerzialisierung, Überwachung und Privatisierung von öffentlichen Räumen, die Gentrifizierung von Stadtteilen mit Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen und von Kleingewerbe sowie der Erhalt bzw. die Schaffung kultureller, sozialer, politischer und ökologischer Freiräume.
Seit den 1980ern haben sich in vielen Ländern urbane zivilgesellschaftliche Protestbewegungen formiert, die zum einen konkrete Forderungen für die Nutzung von Freiräumen stellen (z.B. Bürgerzentren wie das Stollwerk in Köln), zum anderen aber auch politische Debatten um das „Recht auf Stadt“ (nach Henri Lefebvres Buch „Le droit à la ville“, 1968) und künftige Entwicklungspfade von Städten durch Mitbestimmung beeinflussen wollen. Dabei sollen unterschiedliche Bedürfnisse und Möglichkeiten (z.B. von benachteiligten Gruppen wie Migranten, sozioökonomisch schwach gestellten Menschen) berücksichtigt werden.

Wie steht es um Freiräume in Köln?

Köln identifiziert sich gerne als weltoffene Stadt, als Medienstadt und Tourismusmagnet. Dabei führt auch hier – ähnlich wie in München, Berlin oder Hamburg – die neoliberale Stadtpolitik mit einer zunehmenden kommerziellen Inwertsetzung von Stadtraum zu wachsender sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung. Steigende Mieten in gentrifizierten Stadtvierteln, die Verdrängung von unkommerziellen und subkulturellen Akteuren (z.B. ParaDies, Autonomes Zentrum) sowie die (Abnahme und) Kommerzialisierung und Reglementierung von urbanen Freiräumen und Grünflächen sind nur einzelne Aspekte.
Dabei lobt die Stadt Köln selbst in ihrem „Leitbild Köln 2020“ das „außerordentliche kulturelle Angebot und eine große kreative, innovative Szene“. Gleichzeitig soll der Bürgersinn durch Freiräume und Vernetzung gefördert werden. Doch eine Stadt ist kein Unternehmen, in dem das kulturelle und soziale Kapital gewinnbringend für Profilierung der „Marke Köln“ genutzt werden kann.
Oberstes Ziel der Stadtentwicklung soll eine Steigerung der Lebensqualität für die Bürger sein und nicht die Vermarktung für internationale Investoren. Dafür muss eine Stadt auch Freiräume schützen und ermöglichen, die sich der neoliberalen Verwertungslogik entziehen. Zudem ist fraglich, wie mit den bestehenden verkrusteten administrativen und politischen Strukturen in Köln dieser Freiraum geschaffen werden kann, wenn die Stadt z.B. im Barmer Viertel in Deutz lieber Parkplätze schafft als soziale Projekte zu fördern. Zu häufig werden Entscheidungen durch Vetternwirtschaft und einseitige Interessenpolitik kurzsichtig und nicht nachhaltig gefällt, zu Ungunsten der Bürger.

Visionen für eine gerechtere Stadtentwicklung

Das Netzwerk Agora möchte mit dem diesjährigen Schwerpunktthema FREIRAUM Visionen für eine alternative, gerechtere Stadtentwicklung kreieren. Mit dem „Tag des guten Lebens“ möchten wir einen Erprobungsraum öffnen, in dem Menschen Freiräume in der Stadt entdecken und eigene Ideen entwickeln können, wie sie ihre Stadt selbst gestalten und lebenswerter machen können. Dabei steht am „Tag des guten Lebens“ das gemeinsame Miteinander im Rahmen von Straßencafés, Straßenkonzerten, Diskussionen und vielen weiteren Aktionen im Vordergrund.
Darüber hinaus möchte Agora das Thema Freiraum stärker in Köln verankern und sozialen, kulturellen, ökologischen und politischen Projekten ein Forum geben und stärker miteinander vernetzen. Dafür soll ein Forderungskatalog mit konkreten Visionen entwickelt werden, der z.B. folgende Themen umfassen kann:

  • Räume befreien: viele Plätze in Köln sind überreglementiert, werden überwacht und sind starren Nutzungskonzepten unterworfen; wir fordern eine stärkere selbstbestimmte gemeinschaftlich organisierten Nutzungsvielfalt (z.B. Straßen als Spielstraßen, entschilderte Straßen, Bürgerbeteiligung bei Gestaltung öffentlicher Plätze )
  • Öffentliche Räume schützen: städtischer Grundbesitz soll in öffentlicher Hand bleiben und Privatisierung von Räumen vermieden werden, um allen Bürgern gleichen Zugang zu gewährleisten (keine privaten Wohnsiedlungen wie am Rheinauhafen!)

  • Transparenz bei Planungsprozessen und stärkere Bürgerbeteiligung: städtische Vorhaben sollen in einer öffentliche Vorhabenliste (z.B. im Internet) vorab bekannt gegeben werden, um Bürgern von Anfang an die Beteiligung an Planungsprozessen zu ermöglichen; dabei soll auch das Flächennutzungsmanagement nachhaltiger gestaltet werden unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte (keine Klientelpolitik für Reiche)
  • Raum schaffen durch Zwischennutzung: Köln braucht einen Leerstands- oder Zwischennutzungskataster (z.B. für leerstehende Bürogebäude), um Freiräume für soziale und kulturelle Belange sowie Kleingewerbe und andere Formen der unkommerziellen oder kleinwirtschaftlichen Nutzung zu schaffen
  • Bürgerbeteiligung: Bürger sollen ihre demokratische Handlungsspielräume stärker wahrnehmen, z.B. in Form von Bürgereingaben oder die Bildung von Initiativen, um Probleme aufzuzeigen und Prozesse mitzugestalten

Mitgestalten?

Es hat sich ein „AK Freiraum/Gemeinschaftsraum“, der das Thema aktiv bearbeitet. Er wird von Pamela Hartmann und Mareike Kroll kann unter freiraum@agorakoeln.de erreicht werden.

Momentan sucht die Agora Köln Freiraum-Aktionen zu den Tagen des guten Lebens 2014 in Köln-Sülz und Köln-Ehrenfeld. Anmeldungen sind ab sofort über das Anmelde-Formular möglich.

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